Die Haushaltsrede unserer Fraktionsvorsitzenden Angelika Lohmann-Begander
Hier finden Sie die vollständige Haushaltsrede unserer Fraktionsvorsitzenden Angelika Lohmann-Begander.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Ulrich, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Rat,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
verehrte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Verwaltung
und Vertreter der Presse!
Uns liegt der Haushaltsplanentwurf für die nächsten 2 Jahre vor und er zeigt im nächsten Jahr ein Minus, dass aber durch eine Entnahme aus der Ausgleichsrücklage kompensiert werden kann. Dass das Minus nicht größer ausfällt, haben wir dem Covid-19 Isolierungsgesetz zu verdanken, dass es ermöglicht, die Mindereinnahmen durch die Pandemie auf bis zu 50 Jahre zu verteilen und zu verschieben. Bezahlt werden müssen sie aber doch. Im nächsten Jahr zeigt der Haushalt, auch dank dieses Zuschusses, aber schon wieder ein kleines Plus. So sind die Zeiten der Haushaltssicherung aller Voraussicht nach, auf absehbare Zeit vorbei und es können in Bergkamen auch mal wieder Projekte geplant werden, die die Stadt und ihre Bürger voranbringen, statt nur den Mangel zu verwalten.
An der Menge der Anträge aus dem politischen Raum kann man erkennen, dass es viele Ideen und Begehrlichkeiten gibt, wie dieses Geld investiert werden sollte. Hierauf komme ich später noch einmal zurück.
In diesem Haushaltsentwurf sind viele positive Tendenzen, von denen wir alle hoffen, dass sie sich bewahrheiten und auch so weiterentwickeln. Doch für unsere Stadt und ihre Bürger lange noch nicht genug Geld, um die Stadt dauerhaft vorwärts zu bringen. Unsere Bürger haben immer noch ein unterdurchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen, es fehlen immer noch vor allem gut bezahlte Arbeitsplätze und wir suchen immer noch ein Gewerbegebiet, dass diese Arbeitsplätze hervorbringen würde und durch die dort angesiedelten Unternehmen mehr Steuereinnahmen in den Haushalt bringt. Wie man an der Stadt Mainz sehen kann, reicht auch schon ein einzelnes, erfolgreiches Unternehmen, um den Haushalt der Stadt völlig ins Positive zu drehen. Vielleicht sollten wir eine unserer Straßen in einem Gewerbegebiet auch „An der Goldgrube“ benennen?
(Für den, der es noch nicht weiß: Die Anschrift der Firma BioNTech ist „An der Goldgrube“ in Mainz.)
Sehr geehrte Damen und Herren,
trotz aller positiven Signale lehnt die FDP- Fraktion diesen Haushaltsplanentwurf ab. „Was führt uns dazu?“, werden sie vielleicht fragen.
Es sind vor allem 2 Punkte im Haushalt, die wir nicht mittragen können und die diese Entscheidung herbeigeführt haben.
Zum einen haben wir uns von Anfang an gegen die Investitionen in die IGA 2027 ausgesprochen. Hier sind wir immer noch nicht davon überzeugt, dass diese Investitionen der Stadt Bergkamen den gewünschten positiven Effekt bringen werden.
Die unzähligen Anträge und auch die Gesamtsumme dieser Anträge geben einen guten Aufschluss darüber, dass es viele Felder im Stadtgebiet gibt, die „beackert“ werden müssen, wie viele Baustellen in Bergkamen gesehen werden und wie viele Vorstellungen und Träume für die Bürger dieser Stadt bestehen. Hier hätte das Geld für die IGA wesentlich sinnbringender und ertragreicher angelegt werden können, als für eine Ausstellung, die viel Geld verschlingt und wenig bleibenden Nutzen bringen wird.
Genauso sehen wir den Kauf weiterer Anteile an der UKBS. Es ist nicht nachvollziehbar, warum sich die Stadt überproportional Anteile daran sichern will. Negativzinsen oder auch die viel zitierten „rentierlichen Investitionen“ sind hier ein eher schwaches Argument für diese Ausgabe, zumal der Kaufpreis als sehr hoch bewertet werden kann. Ob die Stadt nun 14 oder 20 % Anteile an der UKBS hat, wird keinen wesentlichen Einfluss darauf haben, welche Pläne von der Kreisgesellschaft in Bergkamen umgesetzt werden, hat aber für einigen Unmut unter den anderen Beteiligten gesorgt. Daher werden wir auch den Antrag der CDU-Fraktion unterstützen.
Wenn wir auf Landesebene blicken, hat der Landtag Nordrhein-Westfalen 2018 erstmals seit rund vier Jahrzehnten einen Landeshaushalt ohne neue Schulden verabschiedet. Über die gesamte Legislaturperiode hinweg, werden in Nordrhein-Westfalen Schulden in Milliardenhöhe getilgt werden. Damit bekennt sich die FDP klar zu den Regeln der Schuldenbremse, ohne notwendige Investitionen in die Zukunft unseres Landes zu unterlassen, die Voraussetzung für Wachstum und Dynamik sind.
„So wurden von der NRW-Koalition die Folgen der Corona-Pandemie mit dem größten Konjunkturpaket der Landesgeschichte im Volumen von 3,6 Milliarden Euro abgemildert. Darüber hinaus stellt der Landtag 1,7 Milliarden Euro aus Landesmitteln zur Ko-Finanzierung von Hilfsmaßnahmen des Bundes bereit. Unser Konjunkturpaket setzt mit gezielten Maßnahmen in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Digitalisierung, Kultur und Stärkung der Kommunen punktgenau dort an, wo das Konjunkturpaket des Bundes nicht im erforderlichen Umfang greift.
Hervorzuheben sind insbesondere die vielen wichtigen Maßnahmen zur Stärkung unserer Kommunen, beispielsweise durch volle Kompensationen von Gewerbesteuerausfällen mit zusätzlichen Landesmittel im Umfang von 1,4 Milliarden Euro, die Erstattung von Fahrgeldausfällen und Modernisierungsmaßnahmen beim ÖPNV oder Investitionen in den Verkehrswegebau sowie beim Städtebau zur Stärkung der Innenstädte und Ortszentren.
Positiv erwähnen möchte ich hier in unserem Haushalt, dass die Kassenkredite auf fast die Hälfte runtergefahren wurden, aber mit 42 Mio. sie sind immer noch auf sehr hohem Niveau und könnten auch schnell wieder steigen. Auch Familie Mustermann muss wieder einmal tiefer in die Tasche greifen. Das saubere Erscheinungsbild der Stadt kostet natürlich allen Bürgern Geld. ( 400.000 € / Jahr)
Einig sind wir uns mit dem Kämmerer darin, dass es besser ist, wenn die Städte Fördersummen bekommen, die an kein bestimmtes Ziel gebunden sind. Die Stadt weiß selber am besten, an welcher Stelle eine Investition am dringendsten getätigt werden muss. Dann kommt es auch nicht zu solchen Auswüchsen, dass der 3. Radweg nah nebeneinander, in gleicher Richtung, für 500.000 € gebaut wird, nur weil wir das Geld ja vom Land bekommen und es sonst ja verfallen würde. Auch diese 500.000 € sind Steuergelder, die von den Bürgern aufgebracht werden müssen.
Positiv nehmen wir zur Kenntnis, dass es keine Steuererhöhungen gibt, aber eine Senkung ist auch nicht in Erwägung gezogen worden. Bei der Gewerbesteuer sind wir im Kreis Mittelmaß. Dass wird aber nicht dazu führen, dass viele neue Unternehmen nach Bergkamen kommen werden und wird zu einem Problem bei weiteren Leerständen von Gewerbeobjekten. -Mainz wird als erstes seine Gewerbesteuer senken.
In meiner letzten Haushaltrede, vor 2 Jahren hatte ich gesagt:
„Sicherlich sinnvoll ist eine Räumlichkeit für die Streetworker und ihre Arbeit mit den Jugendlichen. Hier vertraue ich aber auf die Verwaltung, dass diese prüft, wo und wie dies am besten umzusetzen ist.“ Leider muss ich heute feststellen, dass wir immer noch in der gleichen Situation sind. Wir sind innerhalb der vergangenen 2 Jahre bei diesem Thema noch keinen Schritt weitergekommen. Doch auch hier muss gerade zu Zeiten einer Pandemie besondere Sorge für unsere Kinder und Jugendlichen getragen werden.
Hier komme ich auch zu unserem Antrag, im Haushalt pro Jahr 20.000 € zusätzlich bereit zu stellen, um Spielgeräte für den Bedarfsfall auf Lager liegen zu haben, um diese kurzfristig austauschen zu können. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass doch ein langer Zeitraum vergeht, bevor eine Ersatzbeschaffung verwirklicht worden ist. In der Zukunft ist zu befürchten, dass sich dieser Zeitraum noch einmal verlängert, da die allgemeine Situation der Lieferengpässe von Material und Ware auch Spielgeräte betrifft und auch die Kosten hierfür steigen werden.
Mit unseren anderen Anträgen möchten wir gerne die Stadt Bergkamen so aufrüsten, dass sie den Herausforderungen der Gegenwart und vor allem der Zukunft gewappnet ist. Dass die städtische Ladeinfrastruktur mit nur einer einzigen Ladesäule im gesamten Stadtgebiet noch deutlich ausbaufähig ist, dürfte auf der Hand liegen. Wir möchten darüber hinaus aber auch auf die richtige Ladeinfrastruktur Wert legen, sodass wir uns dazu entschieden haben, den Ausbau mit CCS-Schnellladestationen zu beantragen. Der Vorteil dieser Ladestationen besteht darin, dass sowohl Wechselstrom- als auch deutlich schnellere Gleichstromladevorgänge realisierbar sind und diese Technologie ebenfalls von den großen Automobilherstellern wie BMW, Daimler, VW, Tesla und Volvo bevorzugt wird. Für uns ist es entscheidend, dass wir nicht irgendeinen Schritt in die Zukunft machen, sondern den richtigen.
Ich komme nun zu den Anträgen der anderen Parteien und will hier aber nur die Anträge erwähnen, denen wir unsere Zustimmung geben wollen. Die zahlreichen Anträge zu Begrünungen von Kleinstflächen, Zuschussprogrammen zu schon vorhandenen Angeboten oder bereits im ISEK geplanten Vorhaben lehnen wir ab, da hier Geld nach dem Gießkannenprinzip verteilt wird. Es sieht gut aus, bringt aber außer großem Aufwand wenig Nutzen, was sich auch schon in anderen Städten gezeigt hat.
Den Anträgen der SPD zur Asphaltierung des Geh- und Radwegs am Schacht III und der Beleuchtung des Kuhbach-Wegs stimmen wir zu, weil wir dies als sinnvoll ansehen und es zur Sicherheit der Bürger beitragen wird. Ebenfalls wollen wir dem Bürgerbus eine Chance geben. Hier wird die Zukunft zeigen, ob er sich zu einer dauerhaften Lösung etabliert.
Den Anträgen der CDU und der Grünen bezüglich Haushaltsmittel für den Erwerb von Flächen, stimmen wir ebenfalls zu, da hier die Stadt in die Lage versetzt werden muss, hier vor Ort planen zu können und wieder etwas mehr selber „Herr im eigenen Hause“ zu werden. Auch das Grundstück gleich hier gegenüber könnte uns zwingen, tätig zu werden, damit es nicht auf ewig ein etwas großer Schottergarten bleibt.
Dem Antrag der CDU bezüglich der UKBS stimmen wir ebenfalls zu. Begründet hatte ich dies bereits vorhin.
Zwei Anträgen der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen stimmen wir ebenso zu; den Mitteln für den barrierefreien Umbau städtischer Gebäude Ein schlechtes Beispiel ist schon dieses Gebäude, in dem wir gerade tagen. Auch das Freibad in Heil wollen wir gerne unterstützen, da hier doch sehr viel ehrenamtliche Arbeit zum Wohl der ganzen Stadt verrichtet wird.
Dem Antrag der Linken zur Anmietung von Räumen für die Jugendarbeit stimmen wir zu, da hier noch nicht abzusehen ist, wann neue Räume tatsächlich gebaut und nutzbar sein werden. Aber genauso wie die Kinder, haben auch die Jugendlichen noch einmal zusätzlich unter den Auswirkungen von Corona gelitten und ein weiteres Hinausschieben halten wir für schlecht. Da sind gemietete Räume eine gute Zwischenlösung.
Meine Damen und Herren,
ich erhoffe mir, von den zusammen getragenen und hier beschlossenen Ideen, dass unsere Kinder und Jugendlichen einen kleinen Ausgleich für die negativen Auswirkungen der Pandemie erhalten, dass sie den Aufenthaltswert für die Bürger und Gäste der Stadt erhöhen und sie die Stadt auch technologisch zukunftsfähig machen.
Zum Schluss möchte ich es nicht versäumen, den MitarbeiterInnen der Verwaltung, hier insbesondere der Kämmerei, für die geleistete Arbeit zu danken. Ihnen, aber natürlich auch allen BürgerInnen der Stadt Bergkamen und allen Ratskollegen und -kolleginnen wünsche ich eine besinnliche Adventszeit. Bleiben sie, in diesen schon wieder schwierigen Zeiten, vor allem gesund.
Ich danke ihnen für ihre Geduld und Aufmerksamkeit.
Angelika Lohmann-Begander FDP-Fraktion